Schei­dun­gen mit in­ter­na­tio­na­lem Bezug 

Le­ben die Ehe­gat­ten in ver­schie­de­nen Län­dern oder ha­ben sie ver­schie­dene bzw. beide nicht die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit, so stellt sich die Frage, ob für das Schei­dungs­ver­fah­ren deut­sche Ge­richte zu­stän­dig sind. Die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte kann sich ent­we­der aus der Staats­bür­ger­schaft oder dem Le­bens­mit­tel­punkt ergeben.

Die Er­mitt­lung des je­weils zu­stän­di­gen Ge­richts ist recht­lich kom­plex und wird zum Teil von Ge­rich­ten falsch ge­hand­habt, so­dass die Hin­zu­zie­hung ei­nes im in­ter­na­tio­na­len Fa­mi­li­en­recht ver­sier­ten Rechts­an­walts un­er­läss­lich ist.

Rechts­grund­lage

§ 98 des FamFG (Ge­setz über das Ver­fah­ren in Fa­mi­li­en­sa­chen und in An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit) re­gelt die in­ter­na­tio­nale Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte für Schei­dun­gen mit Aus­lands­be­zug.

In der Re­gel ist je­doch vor­ran­gig an­wend­bar die „Ver­ord­nung über die Zu­stän­dig­keit und die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Ehe­sa­chen und in Ver­fah­ren be­tref­fend die el­ter­li­che Ver­ant­wor­tung“ (VO (EG) Nr. 2201/​2003) des Ra­tes vom 27.11.2003.

Mit­glied­staa­ten die­ser Ver­ord­nung sind sämt­li­che Mit­glied­staa­ten der EU mit Aus­nahme von Dä­ne­mark (Art. 2 Nr. 3 der VO), also fol­gende Staa­ten: Bel­gien, Bul­ga­rien, Deutsch­land, Est­land, Finn­land, Frank­reich, Groß­bri­tan­nien, Grie­chen­land, Ir­land, Ita­lien, Kroa­tien, Lett­land, Li­tauen, Lu­xem­burg, Malta, Nie­der­lande, Ös­ter­reich, Po­len, Por­tu­gal, Ru­mä­nien, Schwe­den, Slo­wa­kei, Slo­we­nien, Spa­nien, Tsche­chien, Un­garn und Zypern.

Zu­stän­dig­keit deut­scher Gerichte

Maß­geb­li­che Vor­schrift ist der Art. 3 VO (EG) Nr. 2201/​2003. Die­ser Ar­ti­kel ent­hält ins­ge­samt sie­ben An­knüp­fungs­punkte, wel­che gleich­wer­tig ne­ben­ein­an­der­ste­hen, also al­ter­na­tiv an­wend­bar sind. Dies be­deu­tet, dass im Ein­zel­fall die gleich­zei­tige Zu­stän­dig­keit meh­re­rer Mit­glied­staa­ten ge­ge­ben sein kann. Es ist dann das Ge­richt zu­stän­dig, wel­ches zu­erst an­ge­ru­fen wird (vgl. Art 19 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 VO (EG) Nr. 2201/​2003.

Art. 3 Abs.1 VO (EG) Nr. 2201/​2003:

„Für Ent­schei­dun­gen über die Ehe­schei­dung, die Tren­nung ohne Auf­lö­sung des Ehe­ban­des oder die Un­gül­tig­erklä­rung ei­ner Ehe, sind die Ge­richte des Mit­glied­staats zuständig,

a) in des­sen Hoheitsgebiet

  • beide Ehe­gat­ten ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt ha­ben oder

  • die Ehe­gat­ten zu­letzt beide ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat­ten, so­fern ei­ner von ih­nen dort noch sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat, oder

  • der An­trags­geg­ner sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat oder

  • im Fall ei­nes ge­mein­sa­men An­trags ei­ner der Ehe­gat­ten sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat oder

  • der An­trag­stel­ler sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat, wenn er sich dort seit min­des­tens ei­nem Jahr un­mit­tel­bar vor der An­trag­stel­lung auf­ge­hal­ten hat, oder

  • der An­trag­stel­ler sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat, wenn er sich dort seit min­des­tens sechs Mo­na­ten un­mit­tel­bar vor der An­trag­stel­lung auf­ge­hal­ten hat und ent­we­der Staats­an­ge­hö­ri­ger des be­tref­fen­den Mit­glied­staats ist oder, im Fall des Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reichs und Irlands,dort sein „do­mic­ile“ hat;

b) des­sen Staats­an­ge­hö­rig­keit beide Ehe­gat­ten be­sit­zen, oder, im Fall des Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reichs und Ir­lands, in dem sie ihr ge­mein­sa­mes „do­mic­ile“ haben.“

Die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte er­gibt sich da­her meist in fol­gen­den Fällen:

a) ge­mein­same Staatsangehörigkeit

Ha­ben beide Ehe­gat­ten die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit, so ist die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ge­ge­ben. Dies gilt un­ab­hän­gig von dem ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt der Ehegatten.

Sind die Ehe­gat­ten deut­sche Staats­an­ge­hö­rige und le­ben in Spa­nien, so ist eine Schei­dung in Deutsch­land möglich.

b) ge­mein­sa­mer ge­wöhn­li­cher Auf­ent­halt der Ehegatten

Woh­nen beide Ehe­gat­ten in Deutsch­land, so ist un­ab­hän­gig von de­ren Staats­an­ge­hö­rig­keit die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ge­ge­ben. Sind bei­spiels­weise beide Ehe­gat­ten nie­der­län­di­sche Staats­an­ge­hö­rige und woh­nen in Deutsch­land, so kann der An­trag auf Schei­dung an ei­nem deut­schen Ge­richt ge­stellt werden.

c) ge­wöhn­li­cher Auf­ent­halt des Antragsgegners

Leb­ten beide Ehe­gat­ten ur­sprüng­lich in ei­nem an­de­ren EU-Land als Deutsch­land und ist ei­ner der Ehe­gat­ten nach Deutsch­land ge­zo­gen, so hat der An­trag­stel­ler die Wahl, ob die Zu­stän­dig­keit des Ur­sprungs­lan­des oder die Zu­stän­dig­keit Deutsch­lands ge­wählt wer­den soll.

Bei­spiel: Beide Ehe­gat­ten sind pol­ni­sche Staats­an­ge­hö­rige und ha­ben in Po­len ge­lebt. Der Ehe­mann ist auf Dauer nach Deutsch­land ge­zo­gen. Die Ehe­frau hat dann das Wahl­recht, ob sie den Schei­dungs­an­trag in Po­len oder Deutsch­land ein­reicht. Denn der letzte ge­wöhn­li­che Auf­ent­halt (Po­len) führt zur Zu­stän­dig­keit des pol­ni­schen Ge­rich­tes, der jet­zige Auf­ent­halt des Ehe­man­nes (des An­trags­geg­ners) führt zur Zu­stän­dig­keit des deut­schen Gerichtes.

Der nach Deutsch­land ver­zo­gene Ehe­mann hat in­des kein Wahl­recht. Für ihn ist aus­schließ­lich das pol­ni­sche Ge­richt in­ter­na­tio­nal zu­stän­dig (es sei denn die Ehe­gat­ten stel­len ei­nen ge­mein­sa­men Antrag).

d) ge­wöhn­li­cher Auf­ent­halt des Antragstellers

Un­ter Um­stän­den kann auch der ge­wöhn­li­che Auf­ent­halt des An­trag­stel­lers die in­ter­na­tio­nale Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte begründen.

  • Hat­ten beide Ehe­gat­ten ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt zu­letzt in Deutsch­land und der An­trag­stel­ler hat dort zum Zeit­punkt der An­trag­stel­lung noch sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt, so ist die in­ter­na­tio­nale Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte begründet.
  • Die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte be­steht auch dann, wenn die Ehe­gat­ten ei­nen ge­mein­sa­men An­trag stel­len. Hier­für reicht es be­reits aus, wenn der An­trags­geg­ner dem Schei­dungs­an­trag zustimmt.
  • Ohne Pro­bleme ist die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ge­ge­ben, wenn der An­trag­stel­ler seit min­des­tens ei­nem Jahr in Deutsch­land lebt.
  • Dar­über hin­aus ge­nügt der ge­wöhn­li­che Auf­ent­halt in Deutsch­land seit min­des­tens sechs Mo­na­ten, wenn der An­trag­stel­ler deut­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger ist.

Wei­tere Beispiele:

1) Beide Ehe­gat­ten ha­ben die ös­ter­rei­chi­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit und le­ben ge­mein­sam in Deutschland.

Eine Schei­dung in Deutsch­land ist mög­lich, da beide Ehe­gat­ten hier ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt ha­ben (Art 3 Abs. 1 lit a) Strich 1).

2) Beide Ehe­gat­ten ha­ben die fran­zö­si­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit und ha­ben ge­mein­sam in Deutsch­land ge­lebt. Nun ist ein Ehe­gatte nach Frank­reich ge­zo­gen, wäh­rend der an­dere in Deutsch­land ge­blie­ben ist.

Da beide Ehe­gat­ten zu­letzt in Deutsch­land ge­lebt ha­ben und ein Ehe­gatte noch im­mer dort lebt, ist eine Schei­dung in Deutsch­land mög­lich (Art 3. Abs. 1 lit a) Strich 2).

3) Beide Ehe­gat­ten ha­ben die ita­lie­ni­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit. Der Ehe­mann wohnt in Ita­lien und stellt den Schei­dungs­an­trag. Die Ehe­frau wohnt in Deutschland.

Da die Ehe­frau in Deutsch­land lebt und nicht den Schei­dungs­an­trag ge­stellt hat, ist die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ge­ge­ben (Art 3. Abs 1. lit a) Strich 3).

4) Beide Ehe­gat­ten ha­ben die ru­mä­ni­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit und beide ha­ben ge­mein­sam den Schei­dungs­an­trag ein­ge­reicht. Der Ehe­mann lebt in Ru­mä­nien und die Ehe­frau in Deutschland.

Da beide Ehe­gat­ten die Schei­dung be­an­tra­gen und ei­ner in Deutsch­land lebt, ist die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ge­ge­ben (Art. 3 Abs. 1 lit a) Strich 4).

5) Beide Ehe­gat­ten sind fran­zö­si­sche Staats­an­ge­hö­rige. Der Ehe­mann lebt in Frank­reich, die Ehe­frau in Deutsch­land. Die Ehe­frau reicht den Schei­dungs­an­trag ein und hat min­des­tens ein Jahr vor Ein­rei­chung des An­trags in Deutsch­land gelebt.

Hier ist die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte gem. Art. 3 Abs. 1 lit a) Strich 5) ge­ge­ben, da die Ehe­frau vor Ein­rei­chung des Sche­di­ungs­an­tra­ges ih­ren Le­bens­mit­tel­punkt seit mehr als ei­nem Jahr in Deutsch­land hat. Wäre die Ehe­frau deut­sche Staats­an­ge­hö­rige, so würde es so­gar ge­nü­gen, wenn sie nur ein hal­bes Jahr in Deutsch­land ge­wohnt hat, be­vor sie den Schei­dungs­an­trag stellt.

6) Bei­spiel wie un­ter Nr. 5, nur ist die Ehe­frau deut­sche Staatsangehörige:

Die Zu­stän­dig­keit deut­scher Ge­richte ist be­reits dann ge­ge­ben, wenn sich die Ehe­frau seit min­des­tens sechs Mo­na­ten in Deutsch­land auf­hält (Art. 3 Abs.1 lit a) Strich 6)

7) Die Ehe­gat­ten sind beide deut­sche Staats­an­ge­hö­rige und le­ben in Spanien.

Die Zu­stän­dig­keit der deut­schen Ge­richt er­gibt sich dar­aus, dass beide Ehe­gat­ten deut­sche Staats­an­ge­hö­rige sind. Un­er­heb­lich ist, dass beide Ehe­gat­ten in Spa­nien le­ben (Art. 3 Abs. 1 lit b).

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