Streitige Scheidung – wenn Streit um Trennungsjahr, Unterhalt und Sorgerecht droht
Ob eine Scheidung zügig durchgeführt werden kann oder ob sich das Scheidungsverfahren in die Länge zieht, hängt davon ab, ob sich die Ehepartner in wesentlichen Fragen geeinigt haben oder diese vor Gericht ausgefochten werden sollen. Streitig können z.B. Trennungs- oder nachehelicher Unterhalt, der Zugewinnausgleich oder das Sorgerecht sein. Auch kann zwischen den Ehegatten Streit darüber bestehen, ob das Trennungsjahr abgelaufen oder die Ehe gescheitert ist.
Ein Ehegatte wehrt sich gegen die Scheidung
Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen, § 1565 BGB.
Leben die Ehegatten bereits drei Jahre getrennt, so wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheiter ist. Ebenfalls unwiderlegbar wird vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt, § 1566 BGB (sog. einverständliche oder einvernehmliche Scheidung).
Was gilt, wenn die Ehegatten erst ein Jahr getrennt leben und der andere Ehegatte der Scheidung nicht zustimmt?
Auch wenn ein Ehegatte der Scheidung nicht zustimmt, kann das Gericht die Scheidung aussprechen. Zwar folgt aus der erst einjährigen Trennung der Ehegatten keine tatsächliche Vermutung für das Scheitern. Allerdings kann das Gericht aufgrund der Gesamtumstände zu dem Entschluss kommen, dass die Ehe gescheitert ist. Die einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten kann für die Annahme genügen, dass die Ehe gescheitert ist. Ist der Ehegatte, der die Scheidung beantragt, unter keinen Umständen bereit, die Ehe fortzusetzen, wird das Gericht in aller Regel die Scheidung aussprechen, da dann nicht mehr erwartet werden kann, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wieder hergestellt werden kann.
Fazit:
Auch wenn der andere Ehegatte der Scheidung nicht zustimmt, kann nach einem Jahr Trennungszeit die Scheidung beantragt werden. Es kommt dann darauf an, ob das Gericht davon überzeugt ist, dass die Ehe gescheitert ist.
Welche Indizien kommen für die Annahme der Zerrüttung in Betracht?
In folgenden Fällen ist davon auszugehen, dass die Ehe der Ehegatten zerrüttet ist:
- Neue Lebensgemeinschaft eines Ehegatten
- Ehebruch
- Unvereinbarkeit der Charaktere
- Misshandlungen
- Beleidigungen
- Andere strafbare Handlungen
- Trunksucht
- Vernachlässigung des Haushalts und der Kinder
Die Beweislast für das Scheitern der Ehe trägt der Ehegatte, der die Scheidung beantragt. Der Antragsteller muss also sämtliche Umstände vortragen, die für das Scheitern der Ehe sprechen.
Die Scheidung im Verbund
Das Gesetz bestimmt, dass über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden ist (sog. Verbund), § 137 FamFG.
Folgesachen sind:
- Versorgungsausgleichssachen
- Unterhaltssachen
- Ehewohnungs- und Haushaltssachen
- Güterrechtssachen
Versorgungsausgleich: Durchführung von Amts wegen
Der Versorgungsausgleich (= Ausgleich der erworbenen Versorgungsanrechte) wird von Amts wegen durchgeführt. Ein gesonderter Antrag ist nur bei kurzen Ehen von unter drei Jahren notwendig, § 3 Abs. 3 VersAusglG. Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs versendet das Gericht den sogenannten V10 Fragebogen. Dieser ist von den Ehegatten auszufüllen. Sodann wird der Fragebogen zur Berechnung der Anrechte an die jeweiligen Versorgungsträger weitergeleitet.
Weitere Folgesachen: Nur auf Antrag
Alle weiteren Folgesachen werden nur dann gerichtlich geklärt, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Folgende Themen kommen als Folgesachen in Betracht:
Unterhalt
- Ehegattenunterhalt: Trennungsunterhalt (bis zur Scheidung) und nachehelicher Unterhalt für den Zeitraum ab der rechtskräftigen Scheidung.
- Kindesunterhalt: Anspruchsberechtigt können sowohl minderjährige Kinder als auch volljährige Kinder sein.
Kindschaftssachen
- Sorgerecht: Besteht Streit darüber ob ein oder beide Ehegatten das Sorgerecht innehaben?
- Aufenthaltsbestimmungsrecht: Wenn Streit darüber besteht, wo das oder die Kinder nach der Scheidung wohnen sollen.
- Umgangsrecht: Wie oft hat der nichtbetreuende Elternteil Umgang zu seinem Kind?
Güterrechtssachen:
- Zugewinnausgleich: Ist ein Ehegatte dem anderen verpflichtet, den Zugewinn auszugleichen?
- Gütertrennung und Ehevertrag
- Gemeinsames Vermögen: Wie sind z.B. gemeinsame Immobilien auseinanderzusetzen
- Gemeinsame Schulden
Möglich ist es auch, zunächst das Scheidungsverfahren isoliert durchzuführen und sodann in eigenständen Verfahren die weiteren Streitpunkte zu klären. Allerdings ist diese Alternative meist kostenintensiver als die Klärung von Folgesachen im Verbund.
Fazit:
Besteht Streit über Unterhalt, Zugewinn, Umgang o.ä., so kann ein Ehegatte diese Folgesachen im Scheidungsverbund gerichtlich klären lassen. Das Scheidungsverfahren wird dadurch erheblich verzögert.
Die Folgesache muss spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung von einem Ehegatten anhängig gemacht werden, § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG
Die Klärung der Folgesachen im Verbund ist meist günstiger als die Klärung in eigenständigen Verfahren.
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