Die Ver­wei­ge­rung ei­ner ge­richt­lich ge­bil­lig­ten Umgangsvereinbarung 

BS LEGAL Rechtsanwälte 

Die Fol­gen der Ver­wei­ge­rung ei­ner ge­richt­lich ge­bil­lig­ten Umgangsvereinbarung

Um­gangs­kon­takte, die in ei­ner ge­richt­lich ge­bil­lig­ten Ver­ein­ba­rung fest­ge­legt wur­den, sind von den El­tern ein­zu­hal­ten. An­dern­falls kann die Voll­stre­ckung zur Durch­set­zung der Um­gangs­kon­takte be­trie­ben wer­den (vgl. OLG Braun­schweig, Be­schl v. 20.07.22, 1 WF 165/​21). Re­gel­mä­ßig kom­men die Ver­hän­gung ei­nes Ord­nungs­mit­tels (Ord­nungs­geld oder Ord­nungs­haft) in Be­tracht. Wenn ein El­tern­teil Be­den­ken hin­sicht­lich des Kin­des­wohls hat und da­her die Um­gangs­kon­takte ver­wei­gert, sind zwei se­pa­rate An­träge er­for­der­lich: ein An­trag, um den In­halt der ge­richt­lich ge­bil­lig­ten Ver­ein­ba­rung zu än­dern und ein wei­te­rer An­trag auf Ein­stel­lung der Zwangs­voll­stre­ckung ge­mäß § 93 I Nr.4 FamFG.

I. Der zu­grunde lie­gende Fall 

Der Ent­schei­dung lag fol­gen­der Fall zu­grunde: Die El­tern ei­ner 2014 ge­bo­re­nen Toch­ter tra­fen eine Um­gangs­ver­ein­ba­rung, die das Ge­richt bil­ligte. Im Jahr 2019 brach die Kin­des­mut­ter den Um­gang ab. Grund des Ab­bruchs war der Ver­dacht auf schwe­ren se­xu­el­len Miss­brauch durch den Kin­des­va­ter. Das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen den Kin­des­va­ter wurde man­gels hin­rei­chen­den Tat­ver­dachts ge­mäß § 170 II StPO ein­ge­stellt. Die Kin­des­mut­ter nahm den Um­gangs­kon­takt nicht wie­der auf; sie brachte an­geb­li­che Kin­des­wohl­wid­rig­keit als Grund an. Dar­auf­hin be­an­tragte der Kin­des­va­ter die Voll­stre­ckung und ein Ord­nungs­mit­tel. Dem An­trag wurde zweit­in­stanz­lich ent­spro­chen. Ge­gen die Kin­des­mut­ter wurde ein Ord­nungs­geld in Höhe von 500 Euro verhängt.

II. Die ge­richt­li­che Bil­li­gung ei­ner Umgangsvereinbarung

Nach ei­ner Tren­nung ist der Um­gang mit dem ge­mein­sa­men Kind zu re­geln. Ei­ni­gen sich die El­tern nicht au­ßer­ge­richt­lich, kann ein Um­gangs­ver­fah­ren vor dem Fa­mi­li­en­ge­richt ein­ge­lei­tet wer­den. Die­ses en­det in der Re­gel mit ei­nem ge­richt­li­chen Be­schluss oder ei­nem Ver­gleich. Ge­mäß § 156 I S. 1 FamFG ist das Ge­richt dazu an­ge­hal­ten, auf ein Ein­ver­neh­men der El­tern hin­zu­wir­ken, um ei­nen ge­richt­li­chen Ver­gleich zu er­zie­len. Tref­fen die El­tern eine ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung zum Um­gang, wird die­ser Ver­gleich vom Ge­richt pro­to­kol­liert, § 156 II FamFG. Die­ser Vor­gang – die Auf­nahme der ein­ver­nehm­li­chen Re­ge­lung als Ver­gleich - wird als ge­richt­li­che Bil­li­gung ei­ner Um­gangs­ver­ein­ba­rung bezeichnet.

Die Folge der ge­richt­li­chen Bil­li­gung ist, dass nun ein voll­streck­ba­rer Ti­tel ge­mäß § 86 I Nr. 2 in Ver­bin­dung mit § 89 I S. 1 FamFG vor­liegt. Die Bil­li­gung der Ver­ein­ba­rung durch das Fa­mi­li­en­ge­richt ist da­her für die be­trof­fe­nen Par­teien von gro­ßer Be­deu­tung, da eine Ver­ein­ba­rung, die nicht mit Zwangs­mit­teln durch­setz­bar ist, im Falle ei­ner Miss­ach­tung durch ei­nen El­tern­teil wert­los wäre.

III. Fol­gen ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen die Umgangsvereinbarung

Ver­stößt ein El­tern­teil ge­gen die ge­trof­fene Um­gangs­ver­ein­ba­rung, kann ein Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wer­den. Im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren kann das Ge­richt ge­mäß § 89 I FamFG Ord­nungs­geld oder, wenn dies nicht bei­getrie­ben wer­den kann oder kei­nen Er­folg ver­spricht, Ord­nungs­haft anordnen.

Wenn die Ord­nungs­mit­tel er­folg­los blei­ben, sie kei­nen Er­folg ver­spre­chen oder die als­bal­dige Voll­stre­ckung ge­bo­ten ist, kann der Um­gang mit un­mit­tel­ba­rem Zwang ge­gen die Kin­des­el­tern, nicht aber ge­gen das Kind durch­ge­setzt wer­den, § 90 II FamFG. Der Wille des Kin­des ei­nen Um­gangs­kon­takt nicht wahr­neh­men zu wol­len, kann dem­nach nicht mit un­mit­tel­ba­rem Zwang durch­ge­setzt werden.

IV. Ab­wehr der Vollstreckung 

§ 93 FamFG führt Fälle auf, bei de­nen das Ge­richt die Voll­stre­ckung ein­stel­len kann. So kann ge­mäß § 93 I Nr. 4 FamFG die Zwangs­voll­stre­ckung ein­ge­stellt wer­den, wenn die Ab­än­de­rung ei­ner Ent­schei­dung be­an­tragt wird.

Der Ein­wand, dass die Voll­stre­ckung we­gen Be­den­ken hin­sicht­lich des Kin­des­wohls nicht durch­ge­führt wer­den soll, kann im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren nicht be­rück­sich­tigt wer­den. Der Kin­des­wohl­prü­fung im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren ste­hen der Grund­satz der stren­gen For­ma­li­sie­rung der Zwangs­voll­stre­ckung so­wie der Zweck der ef­fek­ti­ven Durch­set­zung des Ti­tels ent­ge­gen. Folge der stren­gen For­ma­li­sie­rung ist es, dass im Zuge der Voll­stre­ckung keine ma­te­ri­ell-recht­li­chen (in­halt­li­chen) Ein­wen­dun­gen ge­prüft wer­den. Die Par­teien sol­len da­durch an­ge­hal­ten wer­den, ihre Ein­wen­dun­gen im Er­kennt­nis­ver­fah­ren ein­zu­brin­gen, nicht erst im Vollstreckungsverfahren.

Da­her ist es er­for­der­lich, ne­ben dem An­trag auf Ein­stel­lung des Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­rens, ei­nen An­trag auf Än­de­rung der ge­richt­lich ge­bil­lig­ten Um­gangs­ver­ein­ba­rung zu stel­len. Die Prü­fung, ob die ur­sprüng­li­che Um­gangs­ver­ein­ba­rung nicht mit dem Kin­des­wohl zu ver­ei­nen ist, ob­liegt dem Fa­mi­li­en­ge­richt im Er­kennt­nis­ver­fah­ren, da­her muss der An­trag auch dort ge­stellt werden.

V. Än­de­rung des Titels

Ge­mäß § 1696 I BGB kann eine ein­mal ge­trof­fene Um­gangs­re­ge­lung nur ab­ge­än­dert wer­den, wenn es hier­für trif­tige, das Wohl des Kin­des nach­hal­tig be­rüh­rende Gründe gibt. An die­ser Stelle kann nun der El­tern­teil, der Be­den­ken hin­sicht­lich des Kin­des­wohls hat, diese äu­ßern. Hält das Ge­richt die Be­den­ken für über­zeu­gend und er­kennt eine Kin­des­wohl­ge­fähr­dung bei Durch­füh­rung der ur­sprüng­lich ge­trof­fe­nen Um­gangs­re­ge­lung, so wird es die Re­ge­lung än­dern, § 1696 I BGB, und Um­gänge aussetzen.

Zur er­folg­rei­chen Ab­wehr der Voll­stre­ckung ei­ner ur­sprüng­lich ge­trof­fe­nen Um­gangs­ver­ein­ba­rung müs­sen folg­lich zwei An­träge ge­stellt wer­den: 1) den Ti­tel zu än­dern und 2) ge­mäß § 93 I Nr.4 FamFG die Zwangs­voll­stre­ckung einzustellen.

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