Rechtlicher und biologischer Vater – Möglichkeiten der Vaterschaftsfeststellung
BS LEGAL Rechtsanwälte
Der Unterschied zwischen dem rechtlichen und biologischen Vater und die Möglichkeiten der Vaterschaftsfeststellung
Die deutsche Rechtsordnung kennt nur eine Mutter, nämlich die Frau, die das Kind geboren hat, §1591 BGB. Bei Vätern hingegen unterscheidet der Gesetzgeber zwischen dem rechtlichen und biologischen Vater.
Rechtlicher und biologischer Vater
Nach § 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist der rechtliche Vater der Mann, der mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, derjenige, der die Vaterschaft nach § 1594 BGB anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt wurde. Der biologische Vater ist der genetische Erzeuger des Kindes.
Der rechtliche Vater hat im deutschen Recht umfassende Rechte und Pflichten gegenüber seinem Kind. Dazu zählen das Sorgerecht nach § 1626 BGB, das Umgangsrecht nach § 1684 BGB, die Unterhaltspflicht nach § 1601 BGB, die Mitbestimmung im Namensrecht nach § 1617 BGB sowie das Erbrecht nach § 1924 BGB. Der biologische Vater hingegen hat keine Rechte oder Pflichten, solange er nicht rechtlicher Vater ist. Ein Kind kann rechtlich stets nur einen Vater haben. Wird der biologische Vater als Vater anerkannt oder gerichtlich festgestellt, verliert der zuvor als rechtlicher Vater geltende Mann – beispielsweise der Ehemann der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt – seine rechtliche Vaterschaft. Dies erfolgt, um der rechtlichen Vaterschaft einen stabilen und verlässlichen Rahmen für das Kind zu gewährleisten.
Der biologische Vater kann die rechtliche Vaterschaft anstreben. Das BGB enthält klare Regelungen für die Anerkennung, Anfechtung und Feststellung der Vaterschaft.
Anerkennung der Vaterschaft (§ 1594 BGB)
Die Anerkennung der Vaterschaft ist insbesondere für werdende Eltern von Bedeutung, die nicht miteinander verheiratet sind. Die freiwillige Anerkennung stellt dabei die kostengünstigste Möglichkeit dar, für den biologischen Vater die rechtliche Vaterschaft zu übernehmen. Die hierfür erforderliche Erklärung muss persönlich, unbedingt und zeitlich unbefristet abgegeben werden und bedarf zur Wirksamkeit der öffentlichen Beurkundung, etwa beim Standesamt oder Jugendamt. Die beurkundende Stelle prüft nicht, ob der Erklärende tatsächlich der biologische Vater ist. Zur Wirksamkeit der Anerkennung bedarf es der Zustimmung der Mutter nach § 1595 Abs. 1 BGB, und es darf keine andere Vaterschaft bestehen gemäß § 1595 Abs. 2 BGB. Ist bereits ein rechtlicher Vater eingetragen, muss die bestehende Vaterschaft durch Anfechtung beseitigt werden. Die Anerkennungserklärung kann frühestens nach der Zeugung des Kindes abgegeben werden.
Anfechtung der Vaterschaft (§ 1600 BGB)
In Fällen, in denen der rechtliche Vater nicht der biologische Vater des Kindes ist, kann die Vaterschaft gemäß § 1600 BGB angefochten werden. Die Anfechtungsmöglichkeit ist besonders relevant, wenn der rechtliche Vater – in der Regel der Ehemann der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt – vermutlich nicht der biologische Vater ist. Ein Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft muss nach § 171 FamFG gestellt werden.
Antragsberechtigt sind:
• das Kind,
• die Mutter,
• der rechtliche Vater und
• der mutmaßliche biologische Vater, § 1600 BGB.
Die Anfechtungserklärung ist persönlich abzugeben, § 1600a Abs. 1 BGB. Für die Antragstellung gilt eine zweijährige Frist ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsberechtigte von Umständen Kenntnis erlangt, die gegen die Vaterschaft sprechen; diese Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes. Für das Kind selbst beginnt die Frist jedoch erst mit Volljährigkeit, § 1600b Abs. 1 BGB. Eine Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn das Kind durch Samenspende gezeugt wurde, § 1600 Abs. 4 BGB.
Wenn der biologische Vater die Anfechtung beantragt, sind zusätzliche Voraussetzungen erforderlich.
• Er muss eidesstattlich versichern, während der Empfängniszeit mit der Mutter des Kindes intim gewesen zu sein, § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
• Zudem muss das Gericht Beweis über die biologische Vaterschaft erheben, was in der Regel durch ein medizinisches Abstammungsgutachten erfolgt, § 178 FamFG.
• Sofern bereits ein rechtlicher Vater besteht, muss der biologische Vater darlegen, dass keine sozial-familiäre Bindung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind besteht. Liegt eine solche Bindung vor, ist die Anfechtung ausgeschlossen. Bislang wurde eine eigene sozial-familiäre Bindung des biologischen Vaters zum Kind hierbei nicht berücksichtigt.
Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch mit Beschluss vom 23.05.2024, dass dieser Ausschluss in seiner bisherigen Form mit dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar ist. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt dem biologischen Vater das Recht, rechtlicher Vater seines Kindes werden zu können. Soweit das Gesetz die rechtliche Vaterschaft auf einen Vater beschränkt, muss dem leiblichen Vater ein Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm die rechtliche Anerkennung ermöglicht. Das Elternrecht des biologischen Vaters wird nicht ausreichend gewahrt, wenn Aspekte wie eine bestehende oder frühere sozial-familiäre Bindung zum Kind, sein konstantes Bemühen um die Vaterschaft oder der Wegfall der Bindung des Kindes zu seinem bisherigen rechtlichen Vater unberücksichtigt bleiben.
Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, § 1600 Abs. 2 Alt. 2 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu reformieren. Laufende Verfahren können bis zur Neuregelung ausgesetzt werden.
Gerichtliche Feststellung (§ 1600d BGB)
Subsidiär zu den bereits erwähnten Verfahren kann die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d BGB beantragt werden. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der potenzielle Vater die Vaterschaft nicht freiwillig anerkennen möchte, die Mutter die Zustimmung zur Anerkennung verweigert oder die Vaterschaft unklar ist. Das Verfahren zur gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft ist in den §§ 169 ff. FamFG geregelt. Antragsberechtigt sind das Kind, die Mutter oder der mutmaßliche biologische Vater, sofern ein rechtlicher Vater nicht bereits feststeht. Der Antragsteller muss Tatsachen vortragen, die die Vaterschaft des benannten Mannes als möglich erscheinen lassen. Hierzu wird üblicherweise ein medizinisches Abstammungsgutachten eingeholt.
Fazit
Die rechtliche Differenzierung und die Verfahren zur Anerkennung, Anfechtung und Feststellung der Vaterschaft dienen der Wahrung des Kindeswohls sowie der Rechte der Eltern. Bei der Ausgestaltung und Anwendung der Vorschriften zur Vaterschaftsstellung sind daher insbesondere die verfassungsrechtlichen die Interessen und Rechte des Kindes und der Eltern sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
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