Aufenthaltsbestimmungsrecht 

BS LEGAL Rechtsanwälte 

Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht: Ant­wor­ten auf die wich­tigs­ten Fragen

Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ist ein zen­tra­ler Be­stand­teil des el­ter­li­chen Sor­ge­rechts und be­trifft die Frage, wer dar­über ent­schei­det, wo sich ein Kind auf­hält. Die­ser Ar­ti­kel bie­tet ei­nen um­fas­sen­den Über­blick über die recht­li­chen Grund­la­gen, prak­ti­sche Aspekte und die Mög­lich­kei­ten der ge­richt­li­chen Geltendmachung.

1. De­fi­ni­tion und recht­li­che Grundlage

Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ist im Rah­men der Per­so­nen­sorge nach § 1631 Abs. 1 BGB ge­re­gelt. Es um­fasst die Be­fug­nis der sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern oder ei­nes El­tern­teils, den dau­er­haf­ten oder vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halts­ort des Kin­des zu bestimmen.

Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht er­streckt sich nicht nur auf die Wahl des haupt­säch­li­chen Wohn­or­tes des Kin­des, son­dern auch auf kurz­fris­tige Auf­ent­halte wie Ur­laubs­rei­sen oder Auf­ent­halte bei Ver­wand­ten. Diese um­fas­sende Re­ge­lung stellt si­cher, dass Ent­schei­dun­gen über den Auf­ent­halts­ort des Kin­des im­mer un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Kin­des­wohls ge­trof­fen werden.

2. Ge­mein­sa­mes Aufenthaltsbestimmungsrecht

Wie ist die Rechtslage?

Bei ver­hei­ra­te­ten El­tern wird das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht grund­sätz­lich ge­mein­sam aus­ge­übt. Auch bei un­ver­hei­ra­te­ten El­tern ist dies mög­lich, wenn beide eine ge­mein­same Sor­ge­er­klä­rung ab­ge­ge­ben ha­ben oder das Fa­mi­li­en­ge­richt eine ent­spre­chende Ent­schei­dung ge­trof­fen hat.

In der Pra­xis be­deu­tet dies, dass we­sent­li­che Ent­schei­dun­gen – bei­spiels­weise über ei­nen Wohn­ort­wech­sel oder eine Ur­laubs­reise ins Aus­land – nur ein­ver­nehm­lich ge­trof­fen wer­den kön­nen. Diese Ver­pflich­tung zur Ei­ni­gung kann in Kon­flikt­si­tua­tio­nen eine Her­aus­for­de­rung dar­stel­len und er­for­dert eine hohe Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Kom­pro­miss­be­reit­schaft der Eltern.

Pro­bleme und Konfliktlösungen

Kommt es zu Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten, ist das Fa­mi­li­en­ge­richt an­zu­ru­fen. Da­bei ori­en­tiert sich das Ge­richt aus­schließ­lich am Kin­des­wohl (§ 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

El­tern soll­ten je­doch vor ei­nem ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ver­su­chen, den Kon­flikt durch Me­dia­ti­ons­ge­sprä­che oder Be­ra­tungs­an­ge­bote des Ju­gend­am­tes zu lö­sen. Diese An­sätze bie­ten oft die Chance, eine ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung zu fin­den, ohne dass eine ge­richt­li­che Ent­schei­dung er­for­der­lich wird.

3. Al­lei­ni­ges Aufenthaltsbestimmungsrecht

a) Be­an­tra­gung

Kann keine Ei­ni­gung er­zielt wer­den, hat ein El­tern­teil die Mög­lich­keit, das al­lei­nige Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht zu be­an­tra­gen. Der An­trag wird beim zu­stän­di­gen Fa­mi­li­en­ge­richt ge­stellt und muss um­fas­send be­grün­det wer­den. Ent­schei­dende Kri­te­rien sind:

Sta­bi­li­tät und Kon­ti­nui­tät: Ein sta­bi­les Um­feld ist ent­schei­dend für die ge­sunde Ent­wick­lung des Kindes.

Ko­ope­ra­ti­ons­fä­hig­keit: Der El­tern­teil sollte in der Lage sein, Ent­schei­dun­gen im Sinne des Kin­des­wohls zu treffen.

Bin­dun­gen des Kin­des: Die emo­tio­nale Bin­dung zu El­tern­tei­len und wei­te­ren Be­zugs­per­so­nen wird berücksichtigt.

Kin­des­wille: Be­son­ders bei äl­te­ren Kin­dern wird der Wille ver­stärkt ein­be­zo­gen, so­fern er der geis­ti­gen Reife des Kin­des entspricht. 

b) Kin­des­wohl als obers­tes Kriterium

Das Fa­mi­li­en­ge­richt ent­schei­det nach ein­ge­hen­der Prü­fung der Um­stände des Ein­zel­falls. Hierzu kön­nen psy­cho­lo­gi­sche Gut­ach­ten und Stel­lung­nah­men des Ju­gend­amts ein­ge­holt werden.

Der Be­griff „Kin­des­wohl“ um­fasst da­bei Aspekte wie die phy­si­sche und psy­chi­sche Ge­sund­heit, die emo­tio­nale Sta­bi­li­tät so­wie die Mög­lich­kei­ten der so­zia­len Ent­wick­lung des Kin­des. Ge­mäß stän­di­ger Recht­spre­chung (z. B. BGH FamRZ 2016, 1439) hat die ge­mein­same Sorge Vor­rang, so­fern sie dem Kin­des­wohl nicht widerspricht.


4. Be­son­dere Fragestellungen

a) Ur­laub und Umzug

Ein Um­zug oder eine Aus­lands­reise er­for­dert bei ge­mein­sa­mem Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht die Zu­stim­mung bei­der El­tern­teile. Ver­wei­gert ein El­tern­teil diese Zu­stim­mung, ent­schei­det das Ge­richt. Hier­bei wird ins­be­son­dere die Trag­weite des Um­zugs (z. B. Di­stanz, neue Um­ge­bung) be­wer­tet. Ein Um­zug ins Aus­land stellt eine be­son­dere Her­aus­for­de­rung dar, da hier kul­tu­relle und sprach­li­che Fak­to­ren eine Rolle spielen.

b) Eil­ver­fah­ren

In drin­gen­den Fäl­len, etwa bei Ge­fahr für das Kin­des­wohl, kann das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht im Wege ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung über­tra­gen wer­den. Diese vor­läu­fige Ent­schei­dung dient dem Schutz des Kin­des und kann durch eine Haupt­sa­che­ent­schei­dung über­prüft werden.

Ein Eil­ver­fah­ren wird oft dann not­wen­dig, wenn akute Ge­fähr­dun­gen vor­lie­gen, etwa bei Ge­walt­vor­fäl­len oder bei ei­ner ge­plan­ten Ent­füh­rung des Kin­des ins Ausland.

c) Wech­sel­mo­dell und Aufenthaltsbestimmungsrecht

Auch im Rah­men des pa­ri­tä­ti­schen Wech­sel­mo­dells bleibt die Frage re­le­vant, wie das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ge­re­gelt ist. Nach höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung kann es in die­sen Kon­stel­la­tio­nen rat­sam sein, klare Ab­spra­chen zu tref­fen, um Kon­flikte zu ver­mei­den. Oft wird hier­bei das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ei­nem El­tern­teil zu­ge­spro­chen, um in Kon­flikt­fäl­len schnelle Ent­schei­dun­gen tref­fen zu können.

d) Aus­wir­kun­gen auf das Umgangsrecht

Das al­lei­nige Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht hat kei­nen Ein­fluss auf das Um­gangs­recht des an­de­ren El­tern­teils. Die­ser be­hält das Recht, das Kind re­gel­mä­ßig zu se­hen und über den Auf­ent­halt des Kin­des wäh­rend der Um­gangs­zei­ten zu entscheiden.

5. Prak­ti­sche Tipps

  • Do­ku­men­ta­tion: El­tern soll­ten jeg­li­che Kom­mu­ni­ka­tion und re­le­vante Er­eig­nisse do­ku­men­tie­ren, um im Streit­fall nach­voll­zieh­bare Ar­gu­mente vorzubringen.

  • Ein­bin­dung von Fach­leu­ten: Die früh­zei­tige Hin­zu­zie­hung ei­nes An­walts für Fa­mi­li­en­recht so­wie die Be­ra­tung durch Me­dia­to­ren kann Kon­flikte entschärfen.

  • Kin­des­wohl be­ach­ten: El­tern soll­ten stets das Wohl des Kin­des in den Mit­tel­punkt stel­len und ver­su­chen, ge­mein­sam trag­fä­hige Lö­sun­gen zu finden.

  • Vor­be­rei­tung auf Ge­richts­ver­fah­ren: Eine klare und sach­li­che Ar­gu­men­ta­tion so­wie die Vor­lage re­le­van­ter Be­weise kön­nen die Er­folgs­aus­sich­ten ei­nes An­trags erhöhen.

  • Emo­tio­nale Un­ter­stüt­zung: El­tern soll­ten dar­auf ach­ten, dass das Kind in Kon­flikt­si­tua­tio­nen nicht emo­tio­nal be­las­tet wird und Un­ter­stüt­zung erfährt.


Fazit: 

Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ist ein es­sen­zi­el­ler Be­stand­teil des Sor­ge­rechts und spielt ins­be­son­dere bei Tren­nung und Schei­dung eine her­aus­ra­gende Rolle. Wäh­rend das ge­mein­same Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht auf Ko­ope­ra­tion setzt, bie­tet das al­lei­nige Recht in Kon­flikt­si­tua­tio­nen klare Struk­tu­ren. Den­noch sollte im­mer das Kin­des­wohl an ers­ter Stelle stehen. 

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