Trennungsunterhalt: Die zehn häufigsten Fragen und Antworten
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Trennungsunterhalt: wichtige Tipps vom Fachanwalt in Köln
1. Habe ich Anspruch auf Trennungsunterhalt und wovon hängt dieser ab?
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht, wenn ein Ehepartner während der Trennung finanziell schlechter gestellt ist als der andere. Maßgeblich ist, dass die Ehe auch während der Trennungszeit rechtlich weiterbesteht und die gegenseitige Verantwortung fortdauert (§ 1361 BGB). Der wirtschaftlich stärkere Partner soll den finanziell schwächeren so unterstützen, dass dieser weiterhin seinen Lebensstandard entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen aufrechterhalten kann.
Wichtige Voraussetzungen sind:
Die Ehepartner müssen tatsächlich getrennt leben. Dies bedeutet in der Regel, dass kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt wird. In Ausnahmefällen kann auch eine räumliche Trennung innerhalb derselben Wohnung genügen, wenn das Zusammenleben vollständig getrennt erfolgt.
Ein Einkommensunterschied muss bestehen. Die erforderliche Bedürftigkeit wird im Rahmen des § 1361 Abs. 1 BGB generell vermutet.
Der Anspruch darf nicht verwirkt sein, etwa durch grobes Fehlverhalten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen.
Ein Anspruch entfällt beispielsweise, wenn der unterhaltsberechtigte Ehepartner eine neue Lebensgemeinschaft eingeht und damit die eheliche Solidarität praktisch beendet.
2. Wie lange besteht der Anspruch auf Trennungsunterhalt?
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt beginnt mit der tatsächlichen Trennung und endet mit der Rechtskraft der Scheidung. Danach besteht nur noch ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen.
Es gibt keine gesetzliche Befristung für den Trennungsunterhalt während des Trennungsjahres. In der Praxis endet der Anspruch aber mit dem Abschluss des Scheidungsverfahrens. Wenn sich die Scheidung aus besonderen Gründen über einen längeren Zeitraum verzögert, kann der Anspruch entsprechend fortbestehen.
Wichtig: Sobald die Ehepartner wieder in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben oder ihre Trennung als beendet betrachten, erlischt der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Kurze Versöhnungsversuche führen jedoch nicht zwangsläufig zu einem dauerhaften Wegfall des Anspruchs.
3. Wie wird der Trennungsunterhalt berechnet?
Die Berechnung des Trennungsunterhalts erfolgt auf Basis des bereinigten Nettoeinkommens beider Ehepartner. Vom Bruttoeinkommen werden dabei Steuern, Sozialabgaben und berufsbedingte Aufwendungen abgezogen. Zusätzlich sind eheprägende finanzielle Belastungen, wie beispielsweise Kredite, die zur Finanzierung ehelichen Lebensstandard beitrugen, sowie Beiträge zur sekundären Altersvorsorge (bis zu 4 % des Bruttojahreseinkommens des Vorjahres), zu berücksichtigen.
Der unterhaltsberechtigte Partner erhält in der Regel 3/7 der Differenz des bereinigten Nettoeinkommens.
Beispiel: Der Ehemann hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 4.500 Euro, die Ehefrau 1.500 Euro. Die Differenz beträgt 3.000 Euro. 3/7 davon sind etwa 1.285 Euro. Die Ehefrau hätte also Anspruch auf 1.285 Euro Trennungsunterhalt.
Zu beachten ist, dass auch Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld in die Berechnung einfließen können. Bei hohen Einkommen oder komplexen Vermögensverhältnissen empfiehlt sich die Beauftragung eines Fachanwalts für Familienrecht.
4. Muss ich während der Trennung arbeiten gehen?
Im ersten Trennungsjahr besteht in der Regel keine Verpflichtung für einen zuvor nicht erwerbstätigen Ehepartner, eine Arbeit aufzunehmen. Diese Schonfrist dient dazu, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. Der Gesetzgeber berücksichtigt, dass die Trennung oft eine erhebliche Umstellung bedeutet und nicht sofort ein beruflicher Wiedereinstieg erwartet werden kann.
Nach Ablauf des ersten Trennungsjahres wird jedoch zunehmend eine sogenannte Erwerbsobliegenheit verlangt. Der unterhaltsberechtigte Ehepartner muss dann versuchen, seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise selbst zu sichern. Tut er dies nicht, sind ihm fiktive Einkünfte zuzurechnen, die seinen Unterhaltsanspruch mindern oder entfallen lassen können. Ausnahmen bestehen, wenn besondere Umstände wie die Betreuung kleiner Kinder oder gesundheitliche Einschränkungen vorliegen.
Beispiel: Die Ehefrau war während der Ehe Vollzeit mit der Betreuung von zwei kleinen Kindern beschäftigt. Nach der Trennung wird im ersten Jahr keine Erwerbstätigkeit verlangt. Nach Ablauf dieses Jahres könnte jedoch eine Teilzeittätigkeit zumutbar sein, wenn die Kinder in den Kindergarten gehen.
Der Umfang der Erwerbsobliegenheit hängt stark von den ehelichen Lebensverhältnissen und den individuellen Umständen ab.
5. Wie beeinflusst Kindesunterhalt den Trennungsunterhalt?
Kindesunterhalt hat stets Vorrang vor Trennungsunterhalt. Das bedeutet, dass zunächst der Kindesunterhalt aus dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners berechnet und sichergestellt werden muss. Erst danach wird der Trennungsunterhalt ermittelt.
Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle und hängt vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie vom Alter und der Anzahl der Kinder ab. Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibt das Restnettoeinkommen zur Berechnung des Trennungsunterhalts.
Beispiel: Der Ehemann hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 4.000 Euro. Nach Abzug von 800 Euro Kindesunterhalt für zwei Kinder verbleiben 3.200 Euro für die Berechnung des Trennungsunterhalts.
Wichtig ist auch, dass der Elternteil, bei dem die Kinder hauptsächlich wohnen, in der Regel keine Barleistungen für den Kindesunterhalt erbringen muss, sondern diesen durch Betreuung und Erziehung leistet (sog. Naturalunterhalt).
Der Vorrang des Kindesunterhalts kann dazu führen, dass in einigen Fällen kein ausreichendes Einkommen für Trennungsunterhalt verbleibt.
6. Welche Rolle spielen Schulden und Kredite bei der Berechnung des Trennungsunterhalts?
Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts sind nicht nur die Einkünfte der Ehepartner von Bedeutung, sondern auch deren finanzielle Belastungen. Grundsätzlich werden Kredite und Schulden berücksichtigt, sofern sie eheprägend sind. Das bedeutet, dass die Verbindlichkeiten entweder während der Ehe gemeinsam aufgenommen wurden oder der Kredit der Finanzierung des ehelichen Lebensstandards diente.
Beispiele für berücksichtigungsfähige Schulden:
Ein gemeinsam aufgenommener Immobilienkredit für das Familienheim.
Konsumentenkredite für wesentliche Anschaffungen wie ein Familienauto.
Nicht berücksichtigt werden hingegen Schulden, die ein Partner ohne Rücksprache für persönliche Luxusgüter oder spekulative Investitionen aufgenommen hat.
Beispiel: Ein Ehemann zahlt monatlich 1.000 Euro für einen Immobilienkredit, der für das gemeinsame Familienheim aufgenommen wurde. Diese Zahlung wird vom bereinigten Nettoeinkommen abgezogen, bevor der Trennungsunterhalt berechnet wird.
7. Welche Ausgaben können vom Einkommen abgezogen werden?
Neben Krediten gibt es weitere Abzüge, die das bereinigte Nettoeinkommen mindern und damit die Höhe des Trennungsunterhalts beeinflussen. Zu den abzugsfähigen Positionen gehören:
Steuern und Sozialabgaben: Diese werden selbstverständlich in voller Höhe berücksichtigt.
Berufsbedingte Aufwendungen: Dazu zählen Fahrtkosten, notwendige Berufskleidung oder Weiterbildungskosten.
Eheprägende Kredite: Wie bereits erwähnt, müssen diese der Lebensführung der Ehe gedient haben.
Zahlungen zur sekundären Altersvorsorge: Beiträge bis zu 4 % des Bruttojahreseinkommens des Vorjahres sind abzugsfähig.
Beispiel: Ein Ehepartner verdient 4.500 Euro brutto monatlich und zahlt zusätzlich 150 Euro monatlich in eine betriebliche Altersvorsorge ein. Dieser Betrag wird bei der Berechnung des Trennungsunterhalts vom Einkommen abgezogen.
8. Was passiert, wenn der unterhaltspflichtige Ehepartner nicht zahlt?
Zahlt der unterhaltspflichtige Partner den geschuldeten Trennungsunterhalt nicht freiwillig, gibt es verschiedene rechtliche Möglichkeiten, den Anspruch durchzusetzen:
Aufforderung zur Zahlung: Zunächst sollte der unterhaltspflichtige Partner schriftlich zur Zahlung aufgefordert und in Verzug gesetzt werden.
Antrag auf einstweilige Anordnung: Wenn eine schnelle Regelung erforderlich ist, kann beim Familiengericht eine einstweilige Anordnung auf Zahlung von Trennungsunterhalt beantragt werden.
Zwangsvollstreckung: Liegt ein vollstreckbarer Titel (z. B. ein Unterhaltsbeschluss) vor, kann der Unterhalt durch Pfändung des Einkommens oder anderer Vermögenswerte beigetrieben werden.
Beispiel: Ein Ehepartner beantragt beim Gericht eine einstweilige Anordnung, nachdem der andere Partner mehrere Monate lang keinen Unterhalt gezahlt hat. Das Gericht verpflichtet den Unterhaltsschuldner zur sofortigen Zahlung.
9. Kann der Trennungsunterhalt nachträglich geändert werden?
Ja, der Trennungsunterhalt kann angepasst werden, wenn sich die finanziellen oder persönlichen Verhältnisse eines Ehepartners wesentlich ändern. Beispiele für solche Änderungen sind:
Erhebliche Einkommenssteigerung oder -minderung: Wenn der unterhaltspflichtige Ehepartner arbeitslos wird oder der unterhaltsberechtigte Partner eine gut bezahlte Stelle findet.
Veränderte Bedürfnisse: Etwa durch Krankheit oder unerwartete Belastungen.
Wegfall von Schulden: Wenn ein hoher Kredit abbezahlt wurde, erhöht sich das zur Verfügung stehende Einkommen.
Für die Änderung ist ein gerichtlicher Antrag erforderlich, wenn keine Einigung zwischen den Parteien möglich ist.
Beispiel: Der unterhaltspflichtige Ehepartner verliert seinen Job und beantragt daraufhin eine Herabsetzung des Trennungsunterhalts.
10. Wann ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirkt und welche Rechtsfolgen hat dies?
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt kann verwirkt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehepartner sich grob unangemessen verhält oder bestimmte Umstände eintreten, die eine Weitergewährung des Unterhalts unbillig erscheinen lassen. Beispiele sind:
Eingehung einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft: Wenn der Unterhaltsberechtigte eine neue ernsthafte Partnerschaft eingeht, die einer Ehe ähnelt.
Schweres Fehlverhalten: Zum Beispiel Gewalttätigkeiten gegenüber dem unterhaltspflichtigen Partner.
Eine genaue Auflistung gibt § 1579 BGB:
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
- die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
- 2.
- der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
- 3.
- der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
- 4.
- der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
- 5.
- der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
- 6.
- der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
- 7.
- dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
- 8.
- ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
Rechtsfolgen der Verwirkung:
Wegfall des Unterhaltsanspruchs: Der Anspruch kann vollständig entfallen.
Herabsetzung des Unterhalts: Das Gericht kann den Unterhalt auf einen geringeren Betrag festsetzen.
Befristung: In manchen Fällen wird der Unterhalt nur noch für einen bestimmten Zeitraum zugesprochen.
Beispiel: Eine Ehefrau lebt seit zwei Jahren in einer neuen festen Partnerschaft und macht dennoch weiterhin Trennungsunterhalt geltend. Das Gericht entscheidet, dass der Anspruch verwirkt ist und entfällt.
Die Anwälte von BS Legal stehen Ihnen zu sämtlichen Fragen rund um den Trennungsunterhalt mit kompetenter Beratung und Unterstützung zur Verfügung.
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