[ Erfahrung | Kompetenz | Vertrauen ]
Untersuchungshaft im Strafverfahren
Fachanwaltskanzlei für Strafrecht | Haftprüfung und Haftbeschwerde
Köln und Bundesweit | Internationale Rechtshilfe
BS LEGAL Rechtsanwälte
Rechtsbeistand bei Untersuchungshaft
Die Anordnung der Untersuchungshaft stellt den schwersten Eingriff in die persönliche Freiheit dar, den das deutsche Strafrecht kennt. Als ultima ratio des Strafverfahrens unterliegt sie strengen rechtlichen Voraussetzungen und bedarf besonderer anwaltlicher Prüfung. Die Entscheidung über Haft oder Freiheit hängt oft von subtilen rechtlichen Nuancen ab, die eine sofortige fachkundige Bewertung erfordern. Bereits kleine Verfahrensfehler oder übersehene Umstände können den Unterschied zwischen wochenlanger oder gar monatelanger Inhaftierung und sofortiger Entlassung bedeuten.
Die Rechtsanwälte der Fachanwaltskanzlei BS LEGAL verfügen über umfassende Erfahrung in Haftprüfungsverfahren und stehen Ihnen in dieser außerordentlich belastenden Situation zur Seite. Die Kanzlei BS LEGAL hat sich auf die Vertretung in komplexen Haftverfahren spezialisiert.
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Veit Strittmatter
Rechtsanwalt
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- Email:strittmatter@bs-legal.de
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Verfassungsrechtlicher Rahmen und Grundrechtsschutz
Art. 2 Abs. 2 GG - Recht auf körperliche Unversehrtheit
Die Freiheit der Person ist nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unverletzlich und kann nur auf Grund eines Gesetzes und unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen eingeschränkt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass der Untersuchungshaft ein Ausnahmecharakter zukommt und sie nur unter strengsten Voraussetzungen angeordnet werden darf. Jede Haftentscheidung muss eine konkrete Abwägung zwischen dem staatlichen Interesse an der Strafverfolgung und dem Grundrecht der betroffenen Person auf Freiheit enthalten.
Das Grundgesetz gewährleistet zudem besondere Verfahrensgarantien: Nach Art. 104 Abs. 2 GG darf niemand länger als bis zum Ende des auf die Festnahme folgenden Tages ohne richterliche Entscheidung in Haft gehalten werden. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass Freiheitsentziehungen nicht willkürlich erfolgen und einer zeitnahen gerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Unschuldsvermutung und ihre Auswirkungen
Die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK hat erhebliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Untersuchungshaft. Da der Beschuldigte bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt, darf die Untersuchungshaft nicht den Charakter einer vorzeitigen Strafvollstreckung annehmen. Dies bedeutet, dass die Haftbedingungen grundsätzlich milder sein müssen als im Strafvollzug und dass die Haftdauer in einem angemessenen Verhältnis zur zu erwartenden Strafe stehen muss.
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Haftanordnung
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durchzieht das gesamte Haftrecht und erfordert eine ständige Abwägung zwischen den verschiedenen betroffenen Interessen. Die Haft muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Dabei ist nicht nur die ursprüngliche Haftanordnung zu prüfen, sondern auch die Fortdauer der Haft, da sich die Verhältnisse im Laufe des Verfahrens ändern können.
Gesetzliche Haftgründe nach der Strafprozessordnung
Fluchtgefahr liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, dass der Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen will. Die Rechtsprechung hat eine Vielzahl von Indizien herausgearbeitet, die für oder gegen eine Fluchtgefahr sprechen können. Dazu gehören etwa die Schwere der drohenden Strafe, die sozialen Bindungen des Beschuldigten, seine wirtschaftlichen Verhältnisse, frühere Fluchtversuche oder Äußerungen, die auf eine Fluchtabsicht hindeuten.
Besonders problematisch ist die Beurteilung der Fluchtgefahr bei ausländischen Staatsangehörigen. Hier darf nicht automatisch von einer erhöhten Fluchtgefahr ausgegangen werden, vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Die bloße Tatsache, dass jemand keinen deutschen Pass besitzt oder Verwandte im Ausland hat, rechtfertigt noch keine Fluchtgefahr.
Verdunkelungsgefahr besteht, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, dass der Beschuldigte Beweismittel vernichten, verändern oder beiseiteschaffen wird, Einfluss auf Mitbeschuldigte oder Zeugen nehmen oder auf andere Weise die Ermittlung der Wahrheit erschweren wird. Dieser Haftgrund ist zeitlich begrenzt, da er entfällt, sobald die entsprechenden Ermittlungsmaßnahmen abgeschlossen sind.
In der Praxis wird Verdunkelungsgefahr häufig bei Wirtschaftsstraftaten angenommen, wo umfangreiche Aktenbestände zu sichern sind oder wo die Gefahr besteht, dass elektronische Daten gelöscht werden. Auch bei Verfahren mit mehreren Beschuldigten wird oft eine Absprachegefahr angenommen. Kritisch zu prüfen ist jedoch, ob die befürchteten Verdunkelungshandlungen überhaupt noch möglich sind oder ob die Ermittlungsbehörden bereits alle relevanten Beweise gesichert haben.
Bei besonders schweren Straftaten kann ausnahmsweise die Schwere der Tat allein einen Haftgrund begründen. Dieser Haftgrund ist auf einen engen Katalog von Straftaten beschränkt, insbesondere Mord, Totschlag, Vergewaltigung, schwere Brandstiftung mit Todesfolge und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (etwa Geldautomatensprengung). Die ratio legis dieses Haftgrunds ist umstritten und wird teilweise als Verstoß gegen die Unschuldsvermutung kritisiert.
Die Anwendung des Haftgrunds der Schwere der Tat erfordert eine besonders sorgfältige Prüfung der Verhältnismäßigkeit.
Bei bestimmten schweren Straftaten kann Wiederholungsgefahr einen Haftgrund darstellen. Dieser Haftgrund ist besonders umstritten, da er präventiven Charakter hat und damit vom eigentlichen Zweck der Untersuchungshaft - der Sicherung des Strafverfahrens - abweicht. Die Rechtsprechung verlangt eine konkrete Prognose, dass der Beschuldigte weitere erhebliche Straftaten begehen wird.
Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass bereits eine Straftat derselben Art begangen wurde und dass besondere Umstände die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich. Besonders zu berücksichtigen sind die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Lebensumstände und die Möglichkeit, durch andere Maßnahmen weitere Straftaten zu verhindern.
Fluchtgefahr bei EU-Ausländern
Der Umstand, dass der Beschuldigte nicht deutscher Staatsangehöriger ist, kann für sich allein genommen nicht den Haftgrund der Fluchtgefahr begründen. Diese Annahme käme einer verbotenen Diskriminierung von EU-Ausländern und einem Verstoß gegen Art. 12 Abs.1 EGV gleich.
Ausweislich des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates vom 23.10.2009 „Europäische Überwachungsanordnung“ Vor Art. 1 Ziffer 5 sind EU-Bürger wie deutsche Staatsangehörige zu behandeln:
„In einem gemeinsamen europäischen Rechtsraum ohne Binnengrenzen muss sichergestellt werden, dass eine Person, gegen die ein Strafverfahren anhängig ist und die ihren Wohnsitz nicht im Verhandlungsstaat hat, nicht anders behandelt wird als eine Person, gegen die ein Strafverfahren anhängig ist und die im Verhandlungsstaat wohnt“.
Um den Haftgrund der Fluchtgefahr zu begründen, bedarf es eines erkennbaren Verhaltens des Beschuldigten, den Fortgang des Verfahrens durch Nichtbeachtung oder nicht Folgeleisten von Ladungen oder Vollstreckungsmaßnahmen zu behindern. Der pauschale Hinweis, dass der Beschuldigte nicht deutscher Staatsangehöriger ist, genügt nicht.
Haftprüfung und Haftbeschwerde - Rechtsmittel gegen die Inhaftierung
Haftprüfungsantrag nach § 117 StPO
Antragsberechtigung und Antragsinhalt
Der Beschuldigte und sein Verteidiger können jederzeit einen Antrag auf Haftprüfung stellen. Dieser Antrag ist formlos möglich, sollte aber die Gründe darlegen, warum die Haftfortdauer nicht mehr gerechtfertigt ist. Der Haftprüfungsantrag kann sich gegen das Vorliegen der Haftgründe, gegen die Verhältnismäßigkeit der Haft oder gegen die Weigerung des Gerichts richten, die Haft durch Auflagen oder Sicherheitsleistungen zu ersetzen.
Ein wichtiger strategischer Aspekt ist die Frage, wann ein Haftprüfungsantrag gestellt werden sollte. Während der Antrag grundsätzlich jederzeit möglich ist, sollte er gut vorbereitet sein und neue Umstände vortragen, die für eine Haftentlassung sprechen. Ein zu früh oder schlecht begründeter Antrag kann kontraproduktiv sein, da erfolglose Anträge das Gericht in seiner Auffassung bestärken können.
Prüfungsumfang des Gerichts
Das Gericht prüft das Fortbestehen der Haftgründe und die Verhältnismäßigkeit der Haft auf der Grundlage der aktuellen Umstände. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Sachlage seit der ursprünglichen Haftanordnung geändert haben kann. Neue Erkenntnisse über die Tat, veränderte persönliche Umstände des Beschuldigten oder der Fortgang der Ermittlungen können zu einer anderen Bewertung führen.
Das Gericht ist verpflichtet, alle relevanten Umstände zu würdigen und seine Entscheidung zu begründen. Eine pauschale Verweisung auf die ursprünglichen Haftgründe ohne Prüfung der aktuellen Verhältnisse ist rechtswidrig. Der Beschuldigte hat den Anspruch auf rechtliches Gehör, was bedeutet, dass er zu den gegen ihn sprechenden Umständen Stellung nehmen kann und das Gericht sich mit diesem Vorbringen grundsätzlich auseinandersetzen muss.
Entscheidungsfrist und Verfahrensgestaltung
Über den Haftprüfungsantrag ist unverzüglich zu entscheiden. Was als "unverzüglich" anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, in der Regel sollte die Entscheidung jedoch binnen weniger Tage erfolgen. Bei komplexen Sachverhalten oder wenn weitere Ermittlungen erforderlich sind, können längere Fristen gerechtfertigt sein.
Das Gericht kann eine mündliche Verhandlung durchführen, ist dazu aber nicht verpflichtet. In der Praxis erfolgen Haftprüfungsentscheidungen häufig aufgrund der Akten. Eine mündliche Verhandlung kann jedoch sinnvoll sein, um dem Gericht einen persönlichen Eindruck vom Beschuldigten zu vermitteln und die Haftgründe detailliert zu erörtern.
Haftbeschwerde nach § 304 StPO
Beschwerdefrist und Verfahrensvoraussetzungen
Die Haftbeschwerde ist nicht an eine Frist gebunden und kann daher jederzeit eingelegt werden.
Die Haftbeschwerde muss schriftlich bei dem Gericht eingelegt werden, welches den Haftbefehl erlassen hat (Iudex a quo) und sollte eine Begründung enthalten, auch wenn diese nicht zwingend erforderlich ist. Eine sorgfältige Begründung erhöht jedoch die Erfolgsaussichten und hilft dem Beschwerdegericht bei der Entscheidungsfindung.
Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts
Das Beschwerdegericht prüft die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung umfassend und ist dabei nicht an die Würdigung des ersten Richters gebunden. Es kann sowohl rechtliche als auch tatsächliche Gesichtspunkte neu bewerten.
Das Beschwerdegericht kann die Haftanordnung bestätigen, aufheben oder abändern. Eine Abänderung kommt etwa in Betracht, wenn die Haft durch Auflagen oder eine Sicherheitsleistung ersetzt werden kann.
Besondere Verfahrensarten
Untersuchungshaft bei Jugendlichen
§ 72 ff. JGG: Bei Jugendlichen gelten besondere, strengere Anforderungen für die Anordnung von Untersuchungshaft.Vermeidungsgrundsatz: Untersuchungshaft bei Jugendlichen ist möglichst zu vermeiden.
Auslieferungshaft
Internationale Haftbefehle: Bei internationalen Haftbefehlen gelten besondere Verfahrensregeln.Europäischer Haftbefehl: Der Europäische Haftbefehl ermöglicht eine vereinfachte Auslieferung zwischen EU-Staaten.
Haftbedingungen und Rechte des Untersuchungsgefangenen
Kontaktrechte und Kommunikation
Das Recht auf Kommunikation mit dem Verteidiger ist besonders geschützt und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Diese Gespräche unterliegen dem Anwaltsgeheimnis und dürfen nicht überwacht werden. Der Schriftwechsel zwischen Verteidiger und Mandant ist ebenfalls privilegiert.
Kontakte zu Familie und Freunden können eingeschränkt werden, wenn Haftgründe dies erfordern. Bei Verdunkelungsgefahr können etwa Kontakte zu Zeugen oder Mittätern untersagt werden. Solche Einschränkungen müssen jedoch verhältnismäßig sein und regelmäßig überprüft werden.
Beschwerderechte und Rechtsdurchsetzung
Abhängig von der Beschränkung oder Maßnahme in Untersuchungshaft kann entweder die Beschwerde (§ 304 StPO) oder ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 119, 119a StPO) statthaft sein.
Internationale Aspekte
Deutsche Staatsangehörige im Ausland
Konsularische Betreuung:
Deutsche Staatsangehörige haben Anspruch auf konsularische Betreuung.
Überstellung:
In bestimmten Fällen ist eine Überstellung nach Deutschland möglich.
Rechtsbeistand:
Die Bestellung eines örtlichen Rechtsbeistands ist oft erforderlich.
Ausländer in deutscher Haft
Abschiebungshaft:
Von der Untersuchungshaft zu unterscheiden ist die Abschiebungshaft.
Diplomatische Vertretung:
Ausländische Staatsangehörige können ihre diplomatische Vertretung kontaktieren.
Haftvermeidungsstrategien
Alternative Sicherungsmaßnahmen nach § 116 StPO
Sicherheitsleistung und ihre praktische Bedeutung
Durch die Stellung einer Sicherheitsleistung kann unter Umständen die Haftentlassung erreicht werden. Die Höhe der Sicherheitsleistung orientiert sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten und der Stärke der Haftgründe. Sie sollte hoch genug sein, um einen wirksamen Anreiz zum Verbleib zu schaffen, aber nicht so hoch, dass sie faktisch einer Verweigerung der Haftentlassung gleichkommt.
Die Sicherheitsleistung kann in Form von Geld, Wertpapieren oder durch Bürgschaft geleistet werden. Bei der Bürgschaft ist zu beachten, dass der Bürge über ausreichende finanzielle Mittel verfügen muss. Das Gericht kann verlangen, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bürgen nachgewiesen wird.
Problematisch kann die Sicherheitsleistung bei Beschuldigten sein, denen Vermögensdelikte vorgeworfen werden. Hier kann das Gericht verlangen, dass die Herkunft der Sicherheitsleistung nachgewiesen wird, um zu verhindern, dass sie aus den Erträgen der vorgeworfenen Straftaten stammt.
Meldeauflagen und Aufenthaltsbestimmungen
Regelmäßige Meldungen bei Polizei oder Gericht können Haftgründe, insbesondere die Fluchtgefahr, beseitigen. Die Häufigkeit der Meldungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei geringer Fluchtgefahr kann eine wöchentliche Meldung ausreichen, in anderen Fällen können tägliche Meldungen erforderlich sein.
Aufenthaltsbestimmungen können das Verlassen eines bestimmten Gebiets untersagen oder den Aufenthalt auf einen bestimmten Ort beschränken. Solche Maßnahmen sind besonders bei ausländischen Staatsangehörigen üblich, die sich nicht regelmäßig in Deutschland aufhalten.
Ausweisabgabe und Kontaktverbote
Die Abgabe von Ausweispapieren kann der Fluchtgefahr entgegenwirken, ist aber nur verhältnismäßig, wenn tatsächlich eine konkrete Fluchtgefahr besteht.
Kontaktverbote zu bestimmten Personen können angeordnet werden, um Verdunkelungsgefahr zu vermeiden. Dies kommt insbesondere bei Mittätern oder wichtigen Zeugen in Betracht. Die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen ist besonders sorgfältig zu prüfen, wenn familiäre Beziehungen betroffen sind.
Entkräftung der einzelnen Haftgründe
Strategien gegen den Vorwurf der Fluchtgefahr
Der Nachweis stabiler sozialer Bindungen ist ein wichtiges Element zur Widerlegung von Fluchtgefahr. Dazu gehören etwa eine feste Arbeitsstelle, Eigentum, familiäre Bindungen oder ehrenamtliche Tätigkeiten. Wichtig ist, dass diese Bindungen konkret nachgewiesen werden können, etwa durch Arbeitsverträge, Mietverträge oder eidesstattliche Versicherungen von Familienangehörigen.
Berufliche Verpflichtungen können besonders gewichtig sein, wenn der Beschuldigte Unternehmer ist oder eine Führungsposition innehat. Hier kann argumentiert werden, dass eine Flucht massive wirtschaftliche Schäden zur Folge hätte, die der Beschuldigte nicht riskieren würde.
Argumente gegen Verdunkelungsgefahr
Verdunkelungsgefahr kann widerlegt werden, wenn dargelegt wird, dass die relevanten Beweise bereits gesichert sind oder dass der Beschuldigte keinen Einfluss auf sie nehmen kann. Wenn die Ermittlungsbehörden beispielsweise bereits alle relevanten Unterlagen beschlagnahmt haben oder wichtige Zeugen vernommen wurden, entfällt regelmäßig die Grundlage für eine Verdunkelungsgefahr.
Auch der Hinweis auf die Kooperationsbereitschaft des Beschuldigten kann hilfreich sein. Wenn der Beschuldigte bereits umfassend ausgesagt hat oder sich bereit erklärt hat, bei der Aufklärung mitzuwirken, spricht dies gegen eine Verdunkelungsabsicht.
Verhältnismäßigkeitsargumente
Ein wichtiges Argument gegen die Haftfortdauer ist die Unverhältnismäßigkeit der Haftdauer im Verhältnis zur zu erwartenden Strafe. Wenn die Haftdauer bereits einen erheblichen Teil der zu erwartenden Strafe ausmacht oder diese sogar übersteigt, ist die Haftfortdauer unverhältnismäßig.
Auch gesundheitliche Probleme des Beschuldigten können gegen die Haftfortdauer sprechen, wenn sie in der JVA nicht angemessen behandelt werden können oder wenn die Haft zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands führt.
Haftdauer und Haftfortdauer
Höchstfristen und Angemessenheitsprüfung
Die Sechs-Monats-Grenze:
Nach sechs Monaten Haftdauer bedarf die Haftfortdauer einer besonderen Begründung. Das Gericht muss darlegen, warum das Verfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte und wann mit einem Abschluss zu rechnen ist. Dabei sind die besonderen Schwierigkeiten des Falls, der Umfang des Verfahrens und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung verlangt, dass das Gericht aktiv Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung ergreift und den Verfahrensstand regelmäßig überprüft.
Verlängerung bei besonderen Umständen:
Eine Verlängerung über sechs Monate hinaus ist nur bei besonderen Schwierigkeiten oder besonderem Umfang des Verfahrens zulässig. Was als "besondere Schwierigkeiten" anzusehen ist, wird von der Rechtsprechung restriktiv ausgelegt. Dazu können etwa komplexe rechtliche Fragen, umfangreiche Beweiserhebungen oder internationale Rechtshilfeverfahren gehören.
Angemessenheitsprüfung:
Die Haftdauer muss stets im angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zur zu erwartenden Strafe stehen. Diese Prüfung ist nicht nur bei der ursprünglichen Haftanordnung durchzuführen, sondern muss während der gesamten Haftdauer kontinuierlich erfolgen. Je länger die Haft dauert, desto höhere Anforderungen sind an die Rechtfertigung zu stellen.
Haftentschädigung
Anspruch auf Entschädigung nach dem StrEG
Voraussetzungen der Haftentschädigung
Bei rechtswidriger Untersuchungshaft besteht ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG). Entschädigungspflichtig ist nicht nur eine von vornherein rechtswidrige Haft, sondern auch eine ursprünglich rechtmäßige Haft, die später rechtswidrig wird, etwa wenn neue Umstände bekannt werden, die gegen die Haftfortdauer sprechen.
Ein wichtiger Fall der Entschädigungspflicht ist der Freispruch des Beschuldigten oder die Einstellung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts.
Höhe und Berechnung der Entschädigung
Die Entschädigung beträgt nach § 7 StrEG für jeden Tag rechtswidriger Haft 75 Euro. Zusätzlich können Ersatzansprüche für konkrete Vermögensschäden geltend gemacht werden, etwa entgangene Arbeitseinkünfte oder Kosten für die Rechtsverfolgung.
Verfahren und Durchsetzung
Nach rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung der Entschädigungspflicht ist der Entschädigungsantrag innerhalb von sechs Monaten bei der Staatsanwaltschaft zu stellen, die das ursprüngliche Strafverfahren geführt hat. Wird der Antrag abgelehnt, kann Klage vor dem zuständigen Landgericht erhoben werden.
BS LEGAL Rechtsanwälte - Ihre Strafverteidiger in Köln
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Aktuelle Beiträge zum Strafrecht
Wir informieren Sie regelmäßig über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Strafrechts.
Steuerhinterziehung durch Influencer: Was Betroffene jetzt wissen müssen
Die bundesweite Ermittlungsoffensive gegen Influencer markiert eine neue Dimension der steuerstrafrechtlichen Verfolgung. Mit der systematischen Datenauswertung der Plattformen haben die Behörden ein mächtiges Instrument zur Aufdeckung von Steuerhinterziehung erhalten.
Die Einstellung des Verfahrens kann entweder im Ermittlungsverfahren oder in der Hauptverhandlung erfolgen, wobei eine Einstellung häufiger im Ermittlungsverfahren zu erreichen ist. Auch in der Berufungsverhandlung kann es zu einer Einstellung des Strafverfahrens kommen. Dabei gibt es verschiedene Gründe, die zu einer Verfarhenseinstellung führen können.
Wer Verletzter einer Straftat ist, hat unter bestimmten Voraussetzungen sich dem Strafverfahren als Nebenkläger anzuschließen und sich zudem durch einen Rechtsanwalt, einen so genannten Nebenklagevertreter vertreten zu lassen. Der Nebenklagevertreter hat weitreichende Befugnisse und achtet darauf, dass die Rechte des Opfers im Strafverfahren gewahrt werden. Unsere Rechtsanwälte verfügen über langjährige Verfügung im Bereich der Nebenklagevertretung und haben in einer Vielzahl von Verfahren, auch in Totschlagsverfahren, Opfer und Nebenkläger vertreten. Bei Fragen zum Thema Nebenklage nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Unsere Rechtsanwälte helfen Ihnen gerne weiter.
Das Strafgesetzbuch (StGB) sieht einen umfassenden Schutz des menschlichen Lebens vor. Je nach den Umständen der Tat unterscheidet sich der Strafrahmen eines Tötungsdelikts erheblich. Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Tötungsdelikten erläutert.