Asymmetrisches Wechselmodell: Fairer Unterhalt bei ungleicher Betreuung – So schützen Sie Ihr Kind und sich selbst
BS LEGAL Rechtsanwälte
Für getrennte Eltern, die sich Sorgen um finanzielle Fairness und stabile Kinderbetreuung machen
Das Familienrecht befindet sich im Wandel – und mit ihm die gelebten Modelle der Kinderbetreuung getrenntlebender Eltern. Neben dem klassischen Residenzmodell und dem symmetrischen Wechselmodell gewinnt das asymmetrische Wechselmodell zunehmend an praktischer Bedeutung. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff, und welche Auswirkungen hat dieses Modell auf den Kindesunterhalt?
Vergleich der Betreuungsmodelle
Modell | Betreuungsverteilung | Unterhaltspflicht |
Residenzmodell | Ein Elternteil betreut das Kind überwiegend; der andere hat Umgang | Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils |
Symmetrisches Wechselmodell | Gleichwertige Betreuung (ca. 50:50) | Beide Eltern sind anteilig barunterhaltspflichtig |
Asymmetrisches Wechselmodell | Ein Elternteil betreut das Kind überwiegend (z. B. 60–70 %), der andere deutlich, aber weniger (z. B. 30–40 %) | Modifizierte anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile |
Residenzmodell
- Betreuungsverteilung: Ein Elternteil betreut das Kind überwiegend; der andere hat Umgang
- Unterhaltspflicht: Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils
Symmetrisches Wechselmodell
- Betreuungsverteilung: Gleichwertige Betreuung (ca. 50:50)
- Unterhaltspflicht: Beide Eltern sind anteilig barunterhaltspflichtig
Asymmetrisches Wechselmodell
- Betreuungsverteilung: Ein Elternteil betreut das Kind überwiegend (z. B. 60–70 %), der andere deutlich, aber weniger (z. B. 30–40 %)
- Unterhaltspflicht: Modifizierte anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile
Das asymmetrische Wechselmodell unterscheidet sich sowohl vom klassischen Residenzmodell als auch vom hälftigen Wechselmodell. Der „weniger betreuende“ Elternteil übernimmt einen wesentlichen Teil der Betreuung, aber nicht in annähernd gleichem Umfang wie der „mehr betreuende“ Elternteil. Die Betreuung erfolgt also nicht „hälftig“, sondern anteilig – was auch unterhaltsrechtlich eine differenzierte Betrachtung verlangt.
Unterhaltsrechtliche Einordnung
Bislang wird das asymmetrische Wechselmodell in der Rechtsprechung uneinheitlich behandelt. In vielen Fällen wurde es wie das Residenzmodell bewertet, was zur alleinigen Barunterhaltspflicht des Elternteils führte, der weniger betreut.
Geplante Neuregelung (2024-Eckpunktepapier):
Künftig soll der Unterhaltsbedarf beim asymmetrischen Wechselmodell anteilig auf beide Eltern verteilt werden, und zwar nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und pauschalem Betreuungsanteil. Das Modell findet sich bereits in den Leitlinien der Oberlandesgerichte (Nr. 13.3) und soll gesetzlich verankert werden
So funktioniert’s konkret: Unterhaltsberechnung Schritt für Schritt
Praxisbeispiel: Sarah (35) und Tom (38) – 1 Kind, 6 Jahre
Sarah:
- Verdient 2.000 € netto
- Betreut Sohn Ben an 4 Tagen/Woche (67%)
Tom:
- Verdient 4.000 € netto
- Hat Ben an 3 Tagen/Woche (33%)
Berechnung nach neuer Regelung (ab 2024):
- Gesamtbedarf des Kindes: 844 € (Düsseldorfer Tabelle Stufe 10)
- Abzug für Betreuungsleistung:
- 15% von 844 € = 126,60 €
→ Verbleibender Bedarf: 717,40 € - Verteilung nach Einkommen:
- Sarahs Anteil: 28% (2.000 € /6.000 €)
- Toms Anteil: 72% (4.000 € /6.000 €)
- Kombination mit Betreuungsanteil:
- Tom zahlt: 72% von 717,40 € = 517 €
- Abzug hälftiges Kindergeld: 517 € – 125 € = 392 €
👉 Ergebnis: Tom zahlt 392 € statt bisher 558 € – Sarahs Betreuung wird fair honoriert, ohne Tom zu überlasten.
„Was passiert, wenn ich weniger verdiene?“ – 3 Krisenszenarien gelöst
1. Jobverlust oder Gehaltskürzung
So reagieren Sie richtig:
Bei Einkommen unter 1.650 € entfällt Ihre Unterhaltspflicht. Beispiel: Bei 1.200 € Einkommen zahlen Sie nichts – der andere Elternteil trägt die volle Last.
2. Der Ex verweigert Umgang – muss ich trotzdem zahlen?
Ihre Rechte:
Umgangsverweigerung rechtfertigt keine Unterhaltskürzung! Aber: Dokumentieren Sie alle Versuche, den Umgang zu ermöglichen – dies kann spätere Gerichtsverfahren entlasten.
3. Plötzlicher Umzug des Ex-Partners
Notfallplan:
Fordern Sie sofort eine neue Bedarfsberechnung an! Ein Umzug mit höheren Fahrtkosten kann Ihren Betreuungsanteil und damit die Unterhaltspflicht mindern.
„Und wenn wir uns doch nicht einigen können?“ – Ihr Weg zur fairen Lösung
Schritt 1: Mediation statt Gericht
Kosten: 100-250 €/Stunde (oft teilweise erstattungsfähig)
Vorteil: Sie behalten die Kontrolle – kein Richter entscheidet über Ihr Familienleben.
Schritt 2: Unterhaltsberechnung mit Experten
Was wir für Sie tun:
- Prüfung aller Einkommensquellen (auch Boni, Mieteinnahmen)
- Analyse des Betreuungsaufwands (inkl. Fahrtzeiten, Hausaufgabenhilfe)
- Vergleich aller Modelle: Was spart Ihnen am meisten?
Schritt 3: Notarielle Vereinbarung
Sicherheit: Auch bei späteren Gehaltserhöhungen geschützt
Flexibilität: Anpassungsklauseln für Schulwechsel oder Jobänderungen
Fazit
Das asymmetrische Wechselmodell trägt der modernen Familienrealität Rechnung: Beide Eltern betreuen das Kind substanziell, aber nicht gleichwertig. Die geplante gesetzliche Neuregelung bringt dringend benötigte Klarheit und Gerechtigkeit, auch in finanzieller Hinsicht.
Für Eltern und Rechtsanwälte gilt:
Eine exakte Prüfung der Einkommensverhältnisse, des Betreuungsanteils und der wirtschaftlichen Belastbarkeit ist essenziell für eine sachgerechte Unterhaltslösung.
Sie benötigen rechtliche Beratung zum Unterhalt oder zur Umgangsregelung?
Unsere Kanzlei berät Sie umfassend zu allen Aspekten des Familienrechts – kompetent, individuell und praxisnah.
Vereinbaren Sie einen Termin an unserem Standort in Köln.
Kontaktformular
Kanzlei für Familienrecht,
Strafrecht & Steuern in Köln
Mo.-Fr. 9-13 & 14:00-17:30
Tel. +49 (0) 221 94 336 530
Fax +49 (0) 221 94 336 531
info@bs-legal.de
Kanzlei für Familienrecht,
Strafrecht & Steuern in Trautskirchen
Mo.-Fr. 9-13 & 14:00-17:30
Tel. +49 (0) 910 79 24 59 20
Fax +49 (0) 910 79 24 59 21
info@bs-legal.de
Ihre Ansprechpartner
Kontaktformular
Weitere aktuelle Beiträge aus dem Familienrecht
Asymmetrisches Wechselmodell: Fairer Unterhalt bei ungleicher Betreuung – So schützen Sie Ihr Kind und sich selbst
Habe ich Anspruch auf Trennungsunterhalt und wovon hängt dieser ab? Grundsätzlich hat der weniger verdienende...
Trennungsunterhalt: Die zehn häufigsten Fragen und Antworten
Habe ich Anspruch auf Trennungsunterhalt und wovon hängt dieser ab? Grundsätzlich hat der weniger verdienende...
Das Residenzmodell: Regelungen zum Umgangsrecht und Unterhaltspflichten
Das Residenzmodell ist eines der gängigsten Betreuungsmodelle für Kinder nach einer Trennung oder Scheidung der...
Das paritätische Wechselmodell im Familienrecht: Entwicklung der Rechtsprechung und Praxisbeispiele
Das paritätische Wechselmodell bezeichnet eine Betreuungsform nach der Trennung oder Scheidung von Eltern, bei der...